30.08.24
Aromastoffe, Sensorik & Co: Wie testet man die Qualität von Kaffee?
Kaffee mit allen Sinnen: So testen die Profis weltweit - und wir
Bei professionellen Kaffeeverkostungen, sog. Cuppings, wird der frisch geröstete Kaffee detailliert auf seine sensorische Wirkung getestet. Dafür hat die international renommierte Specialty Coffee Association of America (SCA) ein Standard-Protokoll entwickelt, an dem sich Cuppings überall auf der Welt orientieren können, um Kaffeemischungen bewerten und vergleichen zu können. Auch wir bei DenkMahl arbeiten mit diesem System, bei dem in zehn Kategorien jeweils bis zu zehn Punkte vergeben werden.
Das sind die Test-Kategorien, in denen sich unser Kaffee beweisen muss:
Aroma: Zu Beginn des Cuppings wir der frisch gemahlene Kaffee erst einmal beschnuppert. Was nehmen wir in der Nase wahr? Nussige, schokoladige Aromen, Früchte, Blüten oder Gewürze? Bis zu 800 verschiedene Aromen sind für Kaffee bekannt! Je besser die Nase des Kaffee-Sommeliers geschult ist, umso zuverlässiger können sie diese „herausschnuppern“.
Geschmack: Der Duft des trockenen gemahlenen Kaffees und sein tatsächlicher Geschmack nach dem Aufbrühen sind nie deckungsgleich. Manche Aromen treten in den Hintergrund, andere kommen neu hinzu oder verstärken sich. Um den Geschmack von Kaffee in seiner ganzen Fülle zu erfassen, braucht es ein geschultes und gut austariertes Zusammenspiel der geschmacklichen Wahrnehmung von Mund und Nase.
Süße: Richtig guter Kaffee braucht keinen zugesetzten Zucker. Werden die Kaffeekirschen mit optimalem Reifegrad geerntet, enthält der fertige Kaffee bereits von Natur aus eine aromatische Süße, der durch die Weiterverarbeitung, etwa im Fermentierungsprozess, zusätzlich verstärkt werden kann. Kaffees mit karamelligen, schokoladigen oder honigähnlichen Noten sind international sehr begehrt und erzielen oft besonders hohe Preise.
Säure: Eine hohe Punktzahl in diesem Bereich wird oftmals eher mit minderwertigen Kaffees in Verbindung gebracht. Wer will schon einen Kaffee, der säuerlich schmeckt? Doch ganz so einfach ist es (mal wieder) nicht: der Anteil säuerlicher Aromen, z.B. von Zitrusfrüchten, kann einem guten Spitzenkaffee durchaus den letzten Kick an Spannung und Lebendigkeit im Geschmack verleihen. Entscheidend ist hier vor allem die
Balance: Bei einem gut ausbalancierten Kaffee halten sich die verschiedenen Aromafamilien ungefähr die Waagschale – ohne auffällige sensorische Ausreißer in die eine oder andere Richtung. Das gilt für das Verhältnis von Süße und Säure ebenso wie für alle anderen Geschmacksnoten. Dabei müssen diese jedoch nicht alle gleichzeitig präsent sein, sondern können sich auch nacheinander beim Aufgießen oder im Mund entwickeln - ähnlich dem komplexen Bouquet eines Luxusparfums.
Mundgefühl & Körper: Die „Haptik“ von Kaffee beschreiben zu wollen, mutet erst einmal seltsam an, denn Kaffee ist eine Flüssigkeit. Erfahrene Cupper haben tatsächlich gelernt, sich viele unterschiedliche Spielformen von „flüssig“ zu erschließen. Deshalb werden Kaffees dann auch gerne mit Begriffen wie cremig, samtig, sahnig, leicht oder schwer beschrieben. Der Körper eines Kaffees hat großen Einfluss auf den Gesamteindruck. Kaffees mit einem runden, samtigem oder cremigem Körper bleiben länger auf der Zunge – ähnlich wie Milch im Vergleich zu Wasser - und werden dadurch als aromareicher wahrgenommen.
Abgang Was bleibt nach dem letzten Schluck? Der Nachgeschmack von Kaffee ist ein Qualitätskriterium, das nicht unterschätzt werden sollte. Ein Premium-Kaffee wird in diesem Bereich immer punkten können. Ein zu kurzer, fader oder gar bitter schmeckender Abgang können das Genusserlebnis hingegen deutlich schmälern, selbst wenn bis dahin „alles gepasst“ hatte.
Clean Cup Mit diesem Fachausdruck bezeichnen Kaffee-Sommeliers nicht etwa die Sauberkeit der Tassen beim Cupping, sondern beziehen sich auf die sensorische „Reinheit“ des Kaffees. Für eine hohe Punktzahl in diesem Bereich, sollte der getestete Kaffee „nur“ die zahlreichen erlaubten Aromen aus dem Aroma-Rad aufweisen – und keine unpassenden oder als unangenehm empfundenen Nuancen. Insbesondere keine:
Defekte Bei aller Sorgfalt kann es während des komplexen Herstellungsprozesses von Kaffee durchaus auch mal zu Mängeln und Fehlern kommen, die das Ergebnis negativ beeinflussen. Wie wir bereits wissen, sind Kaffeebohnen jedoch auch individuell verschieden, weshalb eine geschmacklich „verunglückte“ Tasse nicht unbedingt bedeuten muss, dass die gesamte Kaffeemischung unbrauchbar ist. Deshalb werden bei Profi-Cuppings immer mindestens fünf Tassen von jeder Kreation verkostet, um einen möglichst breiten Streuungseffekt zu erreichen.
Gesamteindruck Über Geschmack lässt sich bekanntlich immer streiten. Beim Cupping sollten jedoch normalerweise die eigenen persönlichen Vorlieben nach Möglichkeit weitgehend zurückgenommen und eine objektive Bewertung nach den festgelegten Kriterien versucht werden. Der Kaffee soll ja schließlich später nicht (nur) den Cuppern schmecken, sondern allen, die ihn genießen wollen. Am Ende des Testverfahrens ist aber dann trotzdem Raum für einen persönlichen Eindruck: Die Testerinnen und Tester wiegen ab, welcher Gesamteindruck sich für sie aus dem Verhältnis aller zuvor beurteilten Kriterien ergibt. Hier zeigt sich die Expertise der Cupper im Vergleich von Spitzenkaffee. Je ähnlicher die Tassen bewertet werden, desto mehr spricht das für eine gleichbleibend hohe Qualität.
Gute Cupper urteilen aufgrund vergleichbarer Vorstellungen, was einen Weltklasse-Kaffee ausmachen sollte und sprechen eine gemeinsame Sprache. Das heißt für dich: Auf das Urteil der Kaffee-Experten kannst du dich verlassen, wenn du auf der Suche nach lohnenden Entdeckungen in der Welt der besten Kaffees bist.